An dieser Stelle werden wir wöchentlich über die Opfer des DDR - Stasi- Regimes berichten. Auch wenn man immer wieder medienfreundlich behauptet das es längst keine Stasi-Täter mehr unter uns gibt, die Realität sieht anders aus! Sie sind noch immer mitten unter uns, in hohen Ämtern und Positionen. Ihre Opfer leiden ein Leben lang, sie wollen wir nicht in Vergessenheit geraten lassen!
Stasi-Opfer Manfred Springer (64)
" Die Vergangenheit holt ihn ein in einem Hotelzimmerflur. Zimmer 107 liegt am Ende des langen Ganges. Die Türen, die rechts und links abgehen, erinnern Manfred Springer an die Zellen des Untersuchungsgefängnisses. Er atmet tief ein und geht die ersten Schritte. Sein Herz beginnt zu rasen, die Hände zittern. „Ich schaff das“, sagt er sich. „Ich schaff das.“
Er schafft es nicht. Tränen laufen über seine Wangen, als er die Dame an der Hotelrezeption bittet, ihm ein anderes Zimmer zu geben. Eines, das nicht am Ende des Ganges liegt – wie damals in der U-Haft. Erinnerungen wie diese suchen Manfred Springer regelmäßig heim. Er ist ein Opfer der Staatssicherheit. 48 Monate saß er als politischer Häftling in unterschiedlichen Anstalten ein – davon 15 Monate in Isolationshaft. Nach seiner Freilassung – er wurde vom Westen freigekauft – zog er über West-Berlin nach Hamburg. 40 Jahre liegt seine Haftzeit zurück. Die Mauer ist längst weg. „Aber die Angst, die ist geblieben“, sagt der Mann und ringt um Fassung.
An diesem Sonntag jährt sich der Fall der Mauer zum 19. Mal. In Tagen wie diesen, wenn die Rede ist von der DDR und von Wiedervereinigung, dann schnürt es dem 64-Jährigen den Hals zu. Zwar gehört die Stasi-Diktatur der Vergangenheit an, doch die Erinnerungen an die Grausamkeiten, die ihm während der Inhaftierung angetan wurden, holen ihn immer noch ein. Es schmerzt ihn, über das Erlebte zu sprechen. Dennoch hat er sich bereit erklärt, für ein Forschungsprojekt zur politischen Verfolgung am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg über seine Erfahrungen zu berichten. „Die Opfer dürfen nicht verstummen“, sagt Springer.
Aufgewachsen in einem regimegegnerischen Elternhaus, fällt der junge Mann mit kritischen Kommentaren bereits in der Schule auf. Nach einem Pro-forma-Beitritt in die FDJ wird ihm eine Lehrstelle als Heizungsinstallateur bewilligt. Als er und Freunde zum Dienst bei der Nationalen Volksarmee eingezogen werden – und die Mauer mit Waffengewalt verteidigen sollen –, beschließt er, zusammen mit 15 anderen über die Mauer nach West-Berlin zu fliehen. Zwei Tage vorher, am 25. April 1963, wird der damals 18-Jährige mit vier anderen Männern auf der Autobahn angehalten, festgenommen und ins Untersuchungsgefängnis nach Magdeburg gebracht.
Schlafentzug, Schikane und Misshandlungen
Was folgt, ist die Hölle. Schlafentzug, Schikane, Demütigungen, seelische und körperliche Misshandlungen – auch sexueller Art. „Als ich meinen Vernehmer auf die katastrophalen Zustände im Zellentrakt hinwies, zuckte der mit den Schultern. Das Schlimmste war diese Entrechtung: Man wurde behandelt wie ein Tier, nicht wie ein Mensch“, erinnert sich der heute 64-Jährige. Nach drei Monaten kommt es zur Verhandlung – zur Abschreckung der Bevölkerung wird Manfred Springer öffentlich der Prozess gemacht. Als er sich das erste Mal nach seiner Festnahme zufällig in einem Spiegel erblickt, sieht er ein Gespenst. Die Haft hat ihn gezeichnet. „Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt.“
Manfred Springer wird wegen versuchter Republikflucht und Anstiftung zu selbiger zu 48 Monaten Zuchthaus verurteilt. Statt wie viele andere zu resignieren und die Haft fortan wortlos über sich ergehen zu lassen, gibt er Widerworte und lässt sich nicht einschüchtern. „Ich habe Kraft geschöpft, indem ich mich von denen nicht entrechten ließ.“ Sein Verhalten wird mit Sanktionen bestraft: Nach dem Haftarbeitslager in Gera wird der junge Mann Ende 1963 ins berüchtigte Zuchthaus Waldheim versetzt, wenige Monate später ins geheime „Lager X“ in Berlin-Hohenschönhausen. Weil er auf Ausreise am Tage seiner Haftentlassung in den Westen drängt, wird Haftverschärfung erteilt. Er kommt in die Berliner Haftanstalt Rummelsburg, wird anschließend in ein Zuchthaus nach Brandenburg verlegt.
Am 3.Februar 1967 kommt er endlich frei, am selben Tag fährt Manfred Springer an der Seite des vermittelnden Rechtsanwaltes Wolfgang Vogel im Schritttempo in die Freiheit nach West-Berlin. Im Juli 1970 zieht er nach Hamburg, wo er Verwandtschaft hat. Er heiratet, wird Vater von zwei Töchtern – und beginnt ein neues Leben. Doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los. Auf einer Raststätte auf der Höhe der ehemaligen Grenze erleidet er einen Nervenzusammenbruch, er leidet an Verfolgungswahn und Panikattacken. Doch er gibt nicht auf, engagiert sich in Opferverbänden. Als Entschädigung für seine Haftzeit werden ihm einmalig 14.000 Euro gezahlt, als er eine Opferrente beantragt, erfolgt die Ablehnung, da er mehr verdient als 1380 Euro. Wenn man die psychologischen Gutachten durchliest, die er zur Ermittlung seiner Folgeschäden erstellen ließ, klingen die Zeilen wie Hohn. Da heißt es: „Der zu Begutachtende ist damit ? im Vergleich zu den Torturen, die die Stasi-Haft für andere nach dem HHG Entschädigung suchende Häftlinge bedeutet hat, vergleichsweise glimpflich davongekommen.“
Er liest den Satz vor, bis ihm die Stimme versagt. Die Opferrenten-Regelung sei ein „Schlag ins Gesicht aller SED-Opfer“, sagt er. Der zuständigen Versorgungsstelle geht es ums Prinzip – denn das entscheidet über Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe. Einem wie Manfred Springer aber geht es um Wiedergutmachung. Um das Eingeständnis, dass ihm und Tausenden anderen unschuldigen Menschen Unmenschliches angetan wurde.
Wenn es schon keine lückenlose Aufdeckung der DDR-Machenschaften gebe, dann zumindest Verständnis für die Opfer, sagt er. Nur so könne man ihnen helfen, mit der Vergangenheit abzuschließen. Er selbst, fügt er hinzu, sei davon weit entfernt. (Quelle:welt.de)"
Stasi-Opfer Manfred Springer (64)
" Die Vergangenheit holt ihn ein in einem Hotelzimmerflur. Zimmer 107 liegt am Ende des langen Ganges. Die Türen, die rechts und links abgehen, erinnern Manfred Springer an die Zellen des Untersuchungsgefängnisses. Er atmet tief ein und geht die ersten Schritte. Sein Herz beginnt zu rasen, die Hände zittern. „Ich schaff das“, sagt er sich. „Ich schaff das.“
Er schafft es nicht. Tränen laufen über seine Wangen, als er die Dame an der Hotelrezeption bittet, ihm ein anderes Zimmer zu geben. Eines, das nicht am Ende des Ganges liegt – wie damals in der U-Haft. Erinnerungen wie diese suchen Manfred Springer regelmäßig heim. Er ist ein Opfer der Staatssicherheit. 48 Monate saß er als politischer Häftling in unterschiedlichen Anstalten ein – davon 15 Monate in Isolationshaft. Nach seiner Freilassung – er wurde vom Westen freigekauft – zog er über West-Berlin nach Hamburg. 40 Jahre liegt seine Haftzeit zurück. Die Mauer ist längst weg. „Aber die Angst, die ist geblieben“, sagt der Mann und ringt um Fassung.
An diesem Sonntag jährt sich der Fall der Mauer zum 19. Mal. In Tagen wie diesen, wenn die Rede ist von der DDR und von Wiedervereinigung, dann schnürt es dem 64-Jährigen den Hals zu. Zwar gehört die Stasi-Diktatur der Vergangenheit an, doch die Erinnerungen an die Grausamkeiten, die ihm während der Inhaftierung angetan wurden, holen ihn immer noch ein. Es schmerzt ihn, über das Erlebte zu sprechen. Dennoch hat er sich bereit erklärt, für ein Forschungsprojekt zur politischen Verfolgung am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg über seine Erfahrungen zu berichten. „Die Opfer dürfen nicht verstummen“, sagt Springer.
Aufgewachsen in einem regimegegnerischen Elternhaus, fällt der junge Mann mit kritischen Kommentaren bereits in der Schule auf. Nach einem Pro-forma-Beitritt in die FDJ wird ihm eine Lehrstelle als Heizungsinstallateur bewilligt. Als er und Freunde zum Dienst bei der Nationalen Volksarmee eingezogen werden – und die Mauer mit Waffengewalt verteidigen sollen –, beschließt er, zusammen mit 15 anderen über die Mauer nach West-Berlin zu fliehen. Zwei Tage vorher, am 25. April 1963, wird der damals 18-Jährige mit vier anderen Männern auf der Autobahn angehalten, festgenommen und ins Untersuchungsgefängnis nach Magdeburg gebracht.
Schlafentzug, Schikane und Misshandlungen
Was folgt, ist die Hölle. Schlafentzug, Schikane, Demütigungen, seelische und körperliche Misshandlungen – auch sexueller Art. „Als ich meinen Vernehmer auf die katastrophalen Zustände im Zellentrakt hinwies, zuckte der mit den Schultern. Das Schlimmste war diese Entrechtung: Man wurde behandelt wie ein Tier, nicht wie ein Mensch“, erinnert sich der heute 64-Jährige. Nach drei Monaten kommt es zur Verhandlung – zur Abschreckung der Bevölkerung wird Manfred Springer öffentlich der Prozess gemacht. Als er sich das erste Mal nach seiner Festnahme zufällig in einem Spiegel erblickt, sieht er ein Gespenst. Die Haft hat ihn gezeichnet. „Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt.“
Manfred Springer wird wegen versuchter Republikflucht und Anstiftung zu selbiger zu 48 Monaten Zuchthaus verurteilt. Statt wie viele andere zu resignieren und die Haft fortan wortlos über sich ergehen zu lassen, gibt er Widerworte und lässt sich nicht einschüchtern. „Ich habe Kraft geschöpft, indem ich mich von denen nicht entrechten ließ.“ Sein Verhalten wird mit Sanktionen bestraft: Nach dem Haftarbeitslager in Gera wird der junge Mann Ende 1963 ins berüchtigte Zuchthaus Waldheim versetzt, wenige Monate später ins geheime „Lager X“ in Berlin-Hohenschönhausen. Weil er auf Ausreise am Tage seiner Haftentlassung in den Westen drängt, wird Haftverschärfung erteilt. Er kommt in die Berliner Haftanstalt Rummelsburg, wird anschließend in ein Zuchthaus nach Brandenburg verlegt.
Am 3.Februar 1967 kommt er endlich frei, am selben Tag fährt Manfred Springer an der Seite des vermittelnden Rechtsanwaltes Wolfgang Vogel im Schritttempo in die Freiheit nach West-Berlin. Im Juli 1970 zieht er nach Hamburg, wo er Verwandtschaft hat. Er heiratet, wird Vater von zwei Töchtern – und beginnt ein neues Leben. Doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los. Auf einer Raststätte auf der Höhe der ehemaligen Grenze erleidet er einen Nervenzusammenbruch, er leidet an Verfolgungswahn und Panikattacken. Doch er gibt nicht auf, engagiert sich in Opferverbänden. Als Entschädigung für seine Haftzeit werden ihm einmalig 14.000 Euro gezahlt, als er eine Opferrente beantragt, erfolgt die Ablehnung, da er mehr verdient als 1380 Euro. Wenn man die psychologischen Gutachten durchliest, die er zur Ermittlung seiner Folgeschäden erstellen ließ, klingen die Zeilen wie Hohn. Da heißt es: „Der zu Begutachtende ist damit ? im Vergleich zu den Torturen, die die Stasi-Haft für andere nach dem HHG Entschädigung suchende Häftlinge bedeutet hat, vergleichsweise glimpflich davongekommen.“
Er liest den Satz vor, bis ihm die Stimme versagt. Die Opferrenten-Regelung sei ein „Schlag ins Gesicht aller SED-Opfer“, sagt er. Der zuständigen Versorgungsstelle geht es ums Prinzip – denn das entscheidet über Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe. Einem wie Manfred Springer aber geht es um Wiedergutmachung. Um das Eingeständnis, dass ihm und Tausenden anderen unschuldigen Menschen Unmenschliches angetan wurde.
Wenn es schon keine lückenlose Aufdeckung der DDR-Machenschaften gebe, dann zumindest Verständnis für die Opfer, sagt er. Nur so könne man ihnen helfen, mit der Vergangenheit abzuschließen. Er selbst, fügt er hinzu, sei davon weit entfernt. (Quelle:welt.de)"
Mir geht es genau wie Manfred Springer,
AntwortenLöschenim August 1956 wurde ich von einem Stasimitarbeiter aus Rheinhausen-Duisburg vermutlich mit Drogen in die DDR entführt.
Über 3 Monate U-Haft in der Berliner Stasihaftanstalt Magdalenenstraße, meist Isolationshaft und teilweise mit einem Spitzel auf Zelle.
Am 5. Dezember 1956 wurde ich in Frankfurt/Oder zu 2 Jahren Zuchthaus nach Artikel 6 verurteilt.
Über die JVA Frankfurt/Oder, Haftarbeitslager Stalibstadt, JVA Luckau kam ich dann nach Bützow Dreibergen wo ich die längste Zeit meiner Haft verbüßen mußte.
Am 07.07.1958 wurde ich einen Monat eher, den ich in Stalinnstadt abgearbeitet hatte, entlassen.
Stacho (mein Spitzname in Bützow)